Bericht von Norbert Kathan:

Seit letztem Jahr gibt es einen neuen Berglauf der von Prad (915 m) auf das berühmte Stilfserjoch (2.757 m) – Grenzübergang von Südtirol in die Schweiz – führt, der sog. „Classic“ mit ca. 150 Startern. Der Hauptbewerb „Marathon“, mit ca. 350 Startern, geht über die 42,2 km und macht zu Beginn eine 15 km Schleife im Flachen, bevor es auf der exakt selben Strecke zum Stilfserjoch hoch geht. Ergänzt wird das Programm noch durch einen „Jochmarsch“ und eine „short distance“, die über 14 km führt. Nach einer leichten Streckenänderung gegenüber dem Vorjahr, ist der „Classic“ nun 27 km lang, mit saftigen 2.400 Höhenmetern im Anstieg, unterbrochen von 2 längeren Bergabpassagen mit ca. 150 bzw. 350 Höhenmetern.

Heuer fand der Lauf am 16. Juni statt; bei herrlichem Wetter, Temperatur am Start um 8:15 noch deutlich unter 20 Grad. Von Prad geht´s nach kurzer Zeit gleich steil auf einem Waldweg bergauf bis ca. 1.450 m, dann hinab nach Stilfs (1.300 m), durch der Ort und ab dem Ortsausgang steil bergauf zum Kirchlein St. Martin, weiter über steile Waldpfade, abwechselnd mit Schotterwegen, zur Prader Alm, zur Bergstation der Trafoier Sesselbahn und zur Furkelhütte (2.150 m). Schon kurz nach Stilfs öffnet sich dem Läufer ein erster freier Blick auf den Ortler. Und je höher, desto herrlicher die Sicht auf dieses gewaltige, vergletscherte Bergmassiv.

Ich hatte die ersten, sehr steilen, 550 Höhenmeter und die ca. 6 km bis Stilfs bereits nach gut 45 Minuten hinter mich gebracht – exakt in meinem Zeitplan gelegen! Für die folgenden 1.200 Höhenmeter und ca. 15 km bis zur Franzenshöhe an der Stilfserjoch-Passstraße rechnete ich 2 ¼ Stunden. Von der Furkelhütte geht es über einen hochalpinen Wandersteig, dem Goldseeweg, bis auf 2.500 m hinauf, dort auf einem Plateau etwas flacher und dann die 350 Höhenmeter steil hinunter über die Obere Tartscher Alm und durch Wald, hinunter zur Kehre 25 der legendären Stilfserjochstraße. Ab hier sieht man schon weit oben das Ziel am Stilfserjoch.

Ich hatte einen sehr guten Tag „erwischt“, fühlte mir „blendend“ und lief in regelmäßigem Tempo diesen langen Anstieg hinauf, gehen musste ich nur bei den allersteilsten Passagen. Kaum ein anderer Läufer hat mich in diesem Abschnitt überholt; ich konnte reihenweise andere Läufer und die Teilnehmer des Jochmarsches, die fast 1 ½ Stunden vor uns gestartet waren, überholen. Nach nicht einmal 1 ¾ Stunden (ab Stilfs) war ich oben auf 2.500 m, nahm den Abstieg in Angriff, und nach 2 Stunden war ich schon auf der Passstraße auf ca. 2.100 m (2:47 ab Start). Von hier aus sind´s noch ca. 7 km und knapp 700 Höhenmeter bis ins Ziel. Nach kurzer Zeit rannte ich am Berggasthof Franzenshöhe vorbei und schraubte mich entlang der Passstraße Kehre um Kehre höher; wo´s sehr steil war gehend, wo ich noch konnte, laufend. Zuerst sind die Kehren sehr langgezogen, je weiter nach oben, desto kürzer sind die Abstände dazwischen, was für die „Psyche“ von Vorteil ist; man hat das Gefühl, immer schneller zu werden. Ich lief ziemlich exakt im 8:30er Schnitt/km bergauf und erreichte nach 1 Stunde ab Kehre 25 (exakt meine Vorgabe) das Ziel auf 2.757 m – Gesamtzeit 3:46:59. Bei herrlichem Wetter, Sonnenschein und 15 Grad, einer gigantischen Aussicht auf den Ortler und die umliegenden Berge, empfing mich Ingeborg, die mit einem Shuttle-Dienst für Zuschauer auf´s Stilfserjoch gefahren war, im Ziel. Ich fühlte mich prima, 1 großes Bier auf der sonnigen Terrasse des Restaurants am Joch, führte dann zum „totalen Glückszustand“.

Mit dem Shuttle wurden wir vom Joch über den Umbrailpass wieder an den Ausgangspunkt Prad gebracht. Die Siegerehrung, leider erst um 18:15 angesetzt, „schenkte“ ich mir, obwohl ich in meiner Altersklasse M60 den 2. Platz, von 10 im Ziel, erreicht hatte – nur 6 Min. hinter dem Sieger. Unter den 147 Teilnehmern im Ziel erreichte ich im Gesamtklassement den 30. Platz. Die Siegerzeit war 2:51:12, allerdings schafften nur 2 Teilnehmer eine Zeit unter 3 Stunden und nur 14 eine Zeit unter 3 ½ Stunden, was die „Härte“ dieses Berglaufes nochmals unterstreicht.